Das Labor in dem ich Tag für Tag arbeite liegt ungefähr zwei Kilometer unter der Erde und ist knappe 30 Quadratmeter groß. Das bedeutet bei einem Durchschnittsgewicht von 1,7 Tonnen pro Kubikmeter Erde eine Gesamtlast von 102.000 Tonnen die auf diesem pseudo-modernen Konstrukt der Cooperation lastet. Das ist natürlich nur eine ungefähre Schätzung, Betonböden und in der Erde ruhendes Gestein nicht mit inbegriffen. Dicke Luft ist somit vorprogrammiert. Dennoch gibt es fixierte Fenster, sehr sinnig, die unterschiedlich beleuchtet werden um den Tag- und Nachtwechsel zu imitieren. Mein Gesuch nach einem karibischen Ausblick wurde trotzdem mehrfach abgelehnt. Ich bin allerdings der festen Überzeugung das die Tagstunden länger sind, deutlich länger, um mehr Arbeitszeit herauszuschlagen.

Es ist in dem Zusammenhang schon erstaunlich, das bei einem, mit High-End-Technologie, vollgestopften Raum wie diesem Labor es niemand fertig bringt eine defekte Neonröhre auszutauschen. Das Deckenlicht flackert schon seit 5 Stunden mit der Warnleuchte für gefährliche Substanzen um die Wette. Kaltweiss britzelt die Neonröhre einen mir unbekannten Morsecode und sorgt für ein mildes aber penetrantes Brennen in meinen Augen. Warum muss auch ausgerechnet mein Mikroskop unter dem defekten Lichtspender stehen? Damit Stephan bis zu seiner Versetzung mich noch dummdreist angrinsen kann. 24 Stunden noch und ich habe das Labor endlich für mich ganz alleine. Die DNA-Stränge der Vieren, die ich zusammenfassen soll, führen im stroboskopen Flackerlicht ihren eigenen Tanz auf.

Vielleicht muss ich mit der unfreiwilligen Discobeleuchtung leben, da ich trotz passender Sicherheitsfreigabe und einer bestehenden Arbeitszeit von 12 Monaten immer noch der Neue bin. Der Depp vom Dienst, das Mädchen für Alles, einfach eine niedere Dienerkreatur die man herumschubsen darf. Aber hey, mit dem I.M.P. kann man es ja machen!

Reagenzgläser spülen, den Boden schrubben, Arbeitsflächen desinfizieren, Arbeitskittel zur Wäscherei bringen, niedere Virenstränge kombinieren, Proben zwischen den Laboren ausliefern.. die Liste ist schier endlos. Der einzige Vorteil an einem Dasein als Kellerlaborratte ist, es interessiert keine Sau was du hier treibst, solange du nur deinen Job gut machst und Resultate ablieferst.

D-Day, draußen geht die Welt unter weil man die falschen Fachidioten an die roten Knöpfe gelassen hat und in meinem Untergrundkeller beben klirrend die Reagenzgläser unter jedem Bombeneinschlag der NYC erschüttert. Nicht das es die Chefetage interessiert. Die Anlage ist sogar gegen einen Atomschlag mit bis zu 120 Kilotonnen geschützt. Was nichts ist sobald eine Wasserstoffbombe trifft, aber das ist den werten Architekten wohl entgangen. Die Weiterentwicklung unserer Massenvernichtungswaffen. Sei's drum, somit läuft der Arbeitsbetrieb wie gewohnt weiter, nur bringt das Radio statt Musik eine Hiobsbotschaft nach der Anderen. Meine Nerven liegen blank, wie soll ich da bitte konzentriert arbeiten?
Resultat des ersten Tages im Bombenregen: > Mein Wohnblock ist nur noch ein verstrahlter Trümmerhaufen, der I.M.P. bezieht somit im Hive sein neues Zuhause, ich schlafe ab jetzt im Labor!<

Drei Tage Bombenlambada, doch so langsam kehrt Ruhe ein. Offensichtlich ist Washington nun das neue Lieblingsziel und die Politik tappt immer noch im Dunkeln, niemand weiß so genau wer nun angefangen hat, aber alle machen fröhlich mit. Im Hive geht es zu wie in einem Bienenstock, ich hasse diese Hektik, lasst mich bitte einfach in meinem Labor weiter vegetieren, das nimmt doch eh alles kein gutes Ende.
Von wegen die Armee hat alles im Griff, auf der Oberfläche marodieren die Plünderer und ich bin der Depp , der die täglichen Ressourcenlieferungen entgegen nehmen und den Empfang quittieren muss. Umbrella scheint sich auf den Weltuntergang vorzubereiten und schart aus den mittlerweile geschlossenen Zweigstellen alles Nutzbare nun in den Hauptsitzen.

Drei Wochen seit der ersten Bombe und jetzt ist das Radio ausgefallen, in meiner Etage und sowohl zwei Stockwerke über und unter mir herrscht Totenstille. Alles was eine Waffe bedienen konnte wurde abgezogen. Die Kommunikation nach Außen wurde gekappt. Ich habe nur noch die Möglichkeit die zwei Stockwerke unter mir zu betreten, alles andere ist im Quarantänealarm abgeriegelt worden. Ich habs echt verpennt, die Schlafmitteldosis um wenigstens etwas mehr Ruhe zu bekommen war einfach zu hoch. Ja wirklich, ich hab den Punkt verpasst abzuhauen. Keine Ahnung was da draußen vor sich geht und ob hier überhaupt nochmal jemand vorbeikommt. Es gab vorher schon Gerüchte darüber das andere Stützpunkte einfach abgeriegelt und verlassen worden sind. Ohne Evakuierung. Soll ich mich jetzt glücklich schätzen das die Notfallsysteme dennoch laufen und ich sogar durch einen der Lüftungsschächte noch Zugang zum Ressourcenlager gefunden habe? Klar die lustigen Laser musste ich demontieren, ich will ja nicht in Scheibchen geschnitten werden. Ich hab immer gedacht wirklich allein zu sein wäre spassig, zumindest erholsam nach allem was passiert ist, aber jetzt, wie komme ich jetzt hier raus?

Tag 125 meines Wellnessurlaubes, ich bin nicht allein, niemals allein, der Computer spricht immer noch mit mir, soweit ich das erkennen kann, bin ich sogar der Grund warum die Notversorgung immer noch läuft. Ja lausche nur dem Stottern meines schlagenden Herzens, aber ich bin nicht alleine. Aus den abgesperrten tieferen Laboren kann ich Geräusche hören. Stöhnen und Klopfen, wann immer ich mich zu den Vorräten vorwage. Ich glaube ich will nicht wissen was da drinnen noch lebt.

Tag 234, willkommen in der Hölle. Es ist etwas gewaltig schiefgelaufen. Über das lokale Intranet habe ich noch einige Daten abrufen können und ich wünsche mir mittlerweile definitiv einen Südseeblick in den nunmehr flackernden Fenstern meines Labors. In Racoon City hat es angefangen , nicht das die beschissenen Bomben schon schlimm genug wären, aber offensichtlich hat meine Chefetage der Welt den letzten Todesstoß versetzt. Was nur soviel heißt wie , da unten , die Geräusche, da lebt nichts mehr, meine Kollegen sind qualvoll verreckt und haben nur vergessen das sie dabei auch liegenbleiben sollten statt sich beim Verwesen weiter zu bewegen. Scheiße, ich will nicht so enden.

Tag 440 seit Doomsday, Major Massenspektrometer hat mir heute früh eine Standpauke gehalten, ich bin zu spät aufgestanden. Jack und Jones, die zentrifugalen Zwillinge sind sich immer noch uneins ob sie mich wirklich weiter unterstützen sollten. Mal abgesehen von den putzigen fluoreszierenden Flächen und Knicklichtern gehen mir langsam die Lichtmittel aus. Nein es flackert nichts mehr, offensichtlich kann ich darüber froh sein, dass Miss Frosty , das schneidige Belüftungssystem noch der Meinung ist das ich Sauerstoff zum atmen brauche. Vorräte hätte ich bestimmt noch genug für ein weiteres Jahr, auch wenn die Dosenravioli mittlerweile wie Presspappe schmecken. Hab mich vorhin erwischt wie ich eine halbe Stunde lang immer wieder leicht den Kopf gegen eine der Wände gedischt habe. Mir fehlt die Sonne, der Wind, ich kann meine verwesenden Kollegen manchmal durch die Lüftung hören, sie haben es irgendwie geschafft in die Etage über mir zu gelangen. Wenn ich den Gedanken daran das Kathy mir am großen Zeh nagt nicht so abartig finden würde, hätte ich schon längst die Türen geöffnet.

Wie es auf der Oberfläche wohl aussieht? Laufen da nur noch Untote rum, freakige Zombies oder gibt es noch so dummglückliches atmendes Fleisch das noch einen Herzschlag hat wie meiner einer? Ich bin kein Funker, aber ich hab zumindest einen Teil der Computeranlage im oberen Forschungslabor darauf gedrillt gekriegt das sie auf mehreren Frequenzen ein Notsignal absetzt. In der Hoffnung das es durchkommt. Das die beschissene Quarantäneroutine genug angegriffen ist. Ich komm nicht mehr nach oben... hoffentlich kommt irgendwer nach hier nach unten.


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